Die Kunst der Diagnose und der Anwendung diagnostischer Verfahren

Dr. Max Daunderer, der mittlerweile verstorbene Toxikologe, ist bekannt für harsche Urteile, er vertrat seine subjektive Sicht der Dinge immer sehr vehement, wie z.B. hier:

Cavitatsonografie nutzlos und schlechter als Röntgen

Ultraschall ist nicht geeignet, um Knochendefekte zu erkennen, nur Röntgen und Kernspin! Wer ein OPT [Orthopantomogramm] nicht lesen kann, dem hilft Ultraschall auch nicht weiter. Sicher werden sich aber ein paar Dumme finden, die dafür sinnlos Geld hinaus wer[f]en. Untenstehendes Musterbild beweist, dass man fürs Erkennen schwerer Kunstfehler besser sein eigenes Auge gebraucht! 1

Daunderer benutzte zur „Diagnose“ ausschließlich die üblichen Panoramaaufnahmen, in die er mit dickem Filzstift Markierungen und Kommentare einfügte (wodurch in der Regel die Aufnahme gerade dort für Nachfolgende nicht mehr auswertbar wurde), hier ein Beispiel:

opg daundererbefundungt

Leider ist hierzu zu sagen, dass die Qualität von Röntgenbildern zum einen sehr oft zu wünschen übrig lässt, zum anderen aber auch bei einwandfreien Aufnahmen systembedingt falsch negative wie auch falsch positive Befunde  auftreten können, ja als Regelfall gelten müssen. Wie zuverlässig ist das Röntgen ? 

Dr. Johann Lechner hat für die zweidimensionale Panorama-Schichtaufnahme (2-D-PSA) bzw. das Orthopantomogramm (OPG) als grundsätzliche Einschränkungen formuliert:

Eine konventionelle 2-D-PSA verfügt wegen der vorhandenen Distorsionen und Vergrößerungsfaktoren nur über eine eingeschränkte Aussagekraft. Darstellungsfehler variieren mit der Größe und Form der knöchernen Strukturen. Wissenschaftlich ausreichend belegt sind die Einschränkungen einer 2 D-PSA hinsichtlich zahlreicher Parameter, wie z.B.: Apikale Veränderungen können in Panoramaschichtaufnahmen nicht sicher beurteilt werden, 34% werden nicht erkannt; Endodontologen übersehen in Panoramaschichtaufnahmen in 40 % der Zähne mindestens 1 Wurzelkanal (Bumann A. Der aktuelle Stand bildgebender Verfahren. Wissenschaft und Fortbildung BZB 2009; 11: 59–63).  Somit sind ein Drittel bis die Hälfte aller 2-D-PSA für die  zahnärztliche Diagnostik nicht hinreichend aussagekräftig.

Wenn ein Verfahren in bis zu 50% der Fälle keine zuverlässigen Ergebnisse bringt, liegt klar auf der Hand, dass andere Verfahren eingesetzt werden müssen, um diagnostische Sicherheit zu erlangen.

Ob die Vorteile einer dreidimensionalen Aufnahme, wie sie mit dem MRT, dem CT oder dem DVT möglich ist, aus diesem Dilemma raushelfen, gilt es im Einzelfall abzuwägen, ebenso, welche Strahlenbelastung verantwortbar ist.

Welche Vorteile bietet darüberhinaus die Diagnose mit Ultraschall, wie z.B. mit dem Cavitat-Gerät? Anhand eines Patientenfalles möchte ich die jeweiligen Befunde nebeneinander stellen, um die Unterschiede und das Potential der jeweiligen Darstellungstechnik deutlich zu machen. Darüber hinaus möchte ich die dazugehörigen Regulationsbefunde zeigen, die wesentlich besser als die Röntgenbilder zeigen, ob eine systemische Belastung  durch Zahnherde oder nur ein lokales Geschehen vorhanden ist.

eberhard 4q

eberhard f 45 axialEberhard F  45 sagittalEberhard f 45  koronal

eberhard f 4q

Darstellung des 4. Quadranten mittels Cavitat / Ultraschall

eberhard VC

Vegacheck-Befund (Seite 1)

Was im PSA-Ausschnitt nur schwach dargestellt ist (eine etwas dunklere Zone links von der  Zahnwurzel 45) ist in der DVT-Aufnahme ganz unverkennbar: ein Knochenabbau nicht nur am Zahn 45, sondern auch am Zahn 46 zwischen den Wurzeln.

Im Ultraschallbild zeigt sich deutlich, dass keine normale Knochenstruktur vorhanden ist, sondern im Bereich der Zähne 41 bis 43 und 48  zumindest eine starke Durchblutungsstörung besteht. Bei den Zähnen 44 bis 47 findet sich eine Häufung roter Farbtöne, was auf Degenerationserscheinungen der Knochenstruktur hinweist.

eberhard f VC bewertung

Auswertung des Cavitat- und Regulationstest (Vegacheck) mit Zahnherdbefunden

Die Auswertung der Cavitat-und Vegacheckbefunde stellt dar: Von 32 Zahnbereichen zeigen acht eine Einstufung 4°, 21 eine Einstufung 3°. Als Regulationsbefunde zeigen sich als Befunde der 1. Priorität (d.h. stark ausgeprägt) die Hinweise „Kopfherdbelastung“, „Zähne akute Entzündung“, „Kiefer/Kopf“ sowie „Tonsille/Hals“. Die im OPG nur als „Verdacht“ zu vermutende Beherdung wird durch die zusätzlichen Befunde (DVT, Cavitat und Ultraschall) erhärtet.

Wenn mit verschiedenen Untersuchungsmethoden ein vergleichbares Ergebnis gefunden wird, dann gilt nach Arno Thaller, dass mit großer Sicherheit die richtige Diagnose gestellt wurde und die Wahrscheinlichkeit einer falsch positiven oder falsch negativen Befundung minimiert worden ist:

Kein diagnostisches Verfahren kann 100%ige Sicherheit gewähren. Immer wird es falsch positive und falsch negative Resultate neben den richtig positiven und richtig negativen produzieren. Zur verantwortungsvollen Handhabung einer diagnostischen Methode gehört das Wissen um den prozentualen Anteil falsch positiver und falsch negativer Resultate. Eine Methode die keine falsch negativen Ergebnisse produziert, hat eine hohe Sensitivität. Eine Methode, die keine falsch positiven Ergebnisse produziert hat eine hohe Spezifität.
Meist stehen die beiden Prädikate miteinander auf Kriegsfuß. Eine Methode mit hoher Sensitivität hat notwendigerweise geringere Spezifität und umgekehrt.2

Anmerkungen

  1. http://toxcenter.org/artikel/Cavitatsonografie-nutzlos-und-schlechter-als-Roentgen.php
  2. http://www.praxis-thaller.de/herddiagnostik.html